Lieber ein Ende mit Schrecken...?

[goldie]

Einmal mehr konnte Enric erkennen, dass der Krieg und die vergangenen Monate nicht spurlos an Ysanne vorüber gegangen waren. Sie wirkte längst nicht so voller Energie, wie es früher der Fall gewesen war. Dass Jolene ihr letzte Nacht ebenfalls das ein oder andere graue Haar beschert hatte, das konnte Enric natürlich nicht wissen. Was neu war, war ein kleiner Bonsai, der hinter ihr auf einem Regal stand. Doch möglicherweise fiel Enric dieses Detail gar nicht auf.

"Hallo Enric", begrüßte ihn Ysanne ruhig. Es lag kein Vorwurf in ihrer Stimme. "Ich sehe, du bist bereits nicht mehr im Praxeum. Es hat mich sehr überrascht, dass du ohne weitere Rücksprache das Praxeum verlassen hast und die gesamte Ausbildung abbrechen möchtest. Ich nehme an die Trennung von Jolene ist einer der Gründe. Doch in deiner Nachricht hast du geschrieben, es liegt nicht nur an den jüngsten Ereignissen. Erkläre es mir. Du bist nun schon so lange dabei. Warum willst du das alles einfach wegwerfen?" Ernst schaute sie ihn an.

Auren hatte sich derweil ein langes Oberteil übergeworfen, sodass sie zumindest knapp bekleidet war. Sie lugte neugierig aus der Tür zum Schlafzimmer hervor, um die Leiterin des Praxeums zumindest einmal gesehen zu haben. Das Holo war so eingestellt, dass Ysanne sie nicht wahrnehmen konnte. In Enrics Blickfeld war Auren allerdings durchaus zu sehen.

[Anne]

"Ich hätte das Praxeum nicht so überstürzt verlassen, wenn ich nicht geglaubt hätte, dass es angesichts der Umstände notwendig gewesen wäre. Das mag unhöflich und undankbar gewirkt haben, so wie auch der Umstand, dass ich heute nicht persönlich bei dir erschienen bin, aber ich halte es für das Beste, wenn Jolene und ich einander vorerst nicht begegnen. Natürlich ist dies der Hauptgrund dafür, dass ich mit der Ausbildung aufhören möchte. Ich werde das Praxeum über einen sehr langen Zeitraum nicht betreten können. Wenn Jolene so weit fortgeschritten ist, dass es ihr nichts mehr ausmacht, wird es vermutlich bereits zu spät für mich sein. Ich hatte mich erkundigt, ob ich an einigen Kursen per Holonet teilnehmen kann, aber da es offenbar eine Präsenzpflicht gibt, ist die Teilnahme daran für mich nicht realisierbar."
Jetzt bemerkte Enric, wie Auren den Kopf aus dem Schlafzimmer steckte. Er schaute unwillkürlich zu ihr herüber. Ohne darüber nachzudenken griff er nach dem Kor, hob Auren sanft einen Fingerbreit vom Boden hoch und setzte sie einen Meter weiter hinten im Schlafzimmer wieder ab. Dann nutzte er seine Kräfte noch ein weiteres Mal, um die Tür vorsichtig zu schließen. Es war ihm unangenehm gewesen, dass Auren mithörte und es hatte ihn auch abgelenkt.
"Entschuldige, wo waren wir? Ach ja... Unabhängig davon hatte ich ja bereits länger Zweifel bezüglich meiner Eignung für diesen Weg. Du hast mich immer darin bestärkt, weiterzumachen und dafür bin ich dir wirklich dankbar. Dennoch bekomme ich auch immer wieder andere Rückmeldungen von Personen, die mehr Zeit mit mir verbringen als du. So wurde mir das Feedback gegeben, dass ich bisher kaum etwas aus dem Unterricht mitgenommen hätte und dass ich noch sehr weit davon entfernt sei, ein Jedi zu werden. Zudem soll ich aufgrund dieser mangelnden Fertigkeiten und Kenntnisse nicht mehr auf Missionen des Ordens oder der Republik geschickt werden. Du sagtest gerade selbst, dass ich bereits lange dabei bin. Ich sollte nach so langer Zeit zweifelsohne weiter auf diesem Weg gekommen sein. Aber das bin ich nicht. Ich nehme immer wieder sehr viel Zeit und Mühe durch die Lehrkräfte und dich in Anspruch, ohne dafür geeignete Resultate vorweisen zu können. Ich habe vielleicht gut gelernt, meine Kräfte einzusetzen und mit dem Lichtschwert zu kämpfen, aber auf - nennen wir es Mal spiritueller Ebene mangelt es mir offenbar noch immer an der geeigneten Einstellung. Ich bin mir nicht sicher, ob das jemals anders sein wird zumal ich mich von all den Dingen, die ich gleichzeitig tun wollte überlastet fühle. Keiner von den Tal She hat es in der Jedi Ausbildung bisher zu etwas gebracht. Syron nehme ich da aus, da er bereits zuvor ein Jedi Ritter war. Aber wir anderen haben alle unbefriedigende Ergebnisse erzielt, was wohl ein Indiz dafür ist, dass sich beide Ziele schlecht miteinander vereinbaren lassen. Neben der Jediausbildung habe ich mich auch dagegen entschieden, meine wissenschaftliche Laufbahn weiter zu verfolgen. Ich konnte für die Weiterführung der Tal She Forschung glücklicherweise eine sehr kompetente Mitarbeiterin für uns gewinnen. Ich habe nun also vor mich auf die Tal She Tätigkeit zu konzentrieren und diese dauerhafte Überforderung, der ich mich ausgesetzt gesehen habe, zu beenden."
Im Gegensatz zu früher, wo Enric seine Zweifel an sich eher enttäuscht oder auch ungehalten wiedergegeben hatte, wirkte er nun vollkommen abgeklärt diesbezüglich. Es war fast, als würde ihn all das nicht mehr berühren.

[goldie]

Ysanne hob eine Augenbraue, als sie bemerkte, dass Enric nicht ganz bei der Sache war. Dann hörte sie ihm weiter zu. Schließlich sah sie ihn eine ganze Weile lang nachdenklich an, bevor sie endlich wieder zu ihm sprach: "Du wirkst sehr entschieden in deinen Plänen. Den Weg der Tal-She zu verfolgen ist ehrenwert. Ihr habt euch einer sehr großen Aufgabe verschrieben und ich kann verstehen, wenn eure Missionen euch regelmäßig an eure Grenzen bringen. Der Tod von Koi, Owen, der ganz dringend Urlaub nehmen musste, Jolenes derzeitige Verfassung..." Sie seufzte, als sie an die letzte Nacht dachte. "Der Jediorden ist auch dafür da, euch einen Ruhepol zu bieten. Ein Ort, wo ihr wieder Klarheit finden könnt. Es geht nicht allein um die Ausbildung. Es geht auch um die Gemeinschaft. Wenn Jolene wirklich der Hauptgrund ist, dann überdenke bitte noch einmal, ob du uns wirklich verlassen willst. Sie sollte in deiner Entscheidung keine Rolle spielen, zumal du ihr derzeit auch nicht über den Weg laufen würdest."

[Anne]

Bei dem letzten Satz von Ysanne richtete Enric sich auf. Er wirkte auf nun ganz plötzlich doch sehr aufgeregt.
"Ich würde ihr nicht über den Weg laufen? Was willst du damit sagen? Ist sie verschwunden?"

[goldie]

"Nein. Jolene ist in Praxeum und es wird sich ihrer angenommen. Wie ich sehe, hegst in Bezug auf sie nach wie vor starke Gefühle. Kontrolliere deine Gefühle, Enric. Du kannst die Techniken. Selbst wenn du dich wirklich entscheiden solltest, die Ausbildung abzubrechen: vergiss nie, dass unreflektierte Gefühle früher oder später zur dunklen Seite führen."
Wieder schaute sie ihn nachdenklich an. "Über deine bisherigen Fortschritte sprichst du sehr negativ. Scheinst nicht zu erkennen, was du bisher alles schon gelernt hast. Dass du die Ausbildung und auch die Wissenschaft aufgeben willst, scheint dich nicht besonders stark aufzuwühlen. Empfindest du wirklich so? Wenn nicht, welche Gefühle sind es, die du gerade beiseite schiebst?"

[Anne]

"Moment Mal... Ich möchte wissen was los ist. Ist alles in Ordnung mit Jolene?" Er dachte nach. Wenn sie noch auf dem Gelände des Praxeums war, er ihr aber nicht begegnen würde, konnte das nur bedeuten, dass sie wegen irgendetwas ihren aktuellen Aufenthaltsort nicht verlassen konnte. "Ist sie in der Krankenstation? Ihr ist doch nichts zugestoßen?"
Enric bemühte sich nun, ruhiger zu sprechen und gelassener zu wirken. Eine gewisse Anspannung war ihm aber dennoch anzumerken.

[goldie]

"Sie ist körperlich unversehrt. Was ihren geistigen Zustand betrifft... Du hast in den letzten Tagen die meiste Zeit mit ihr verbracht. Dir wird kaum verborgen geblieben sein, dass etwas nicht mit ihr stimmt. Möglicherweise hat Xid diesbezüglich noch einige Fragen an dich. Stehst du dafür zur Verfügung?"

[Anne]

"Natürlich. Und selbstverständlich weiß ich, was mit ihr los ist. Das ist ja einer der Gründe, warum ich nicht mit ihr zusammen bleiben konnte. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Wo ist sie?" Ernst sah er Ysanne an. Es beunruhigte ihn, dass sie so unkonkret blieb und immer wieder seinen Fragen auswich.

[goldie]

"Sie ist in unserer Obhut und in Behandlung. Es ist unwahrscheinlich, dass sie zeitnah wieder an Tal-She Missionen teilnehmen wird. Sollte sie sich überhaupt entschließen, diesem Weg weiter zu folgen. Das solltet ihr bedenken, sofern ihr in dieser Richtung bereits neue Pläne hegt. Nun stelle ich meine Frage erneut. Wie geht es dir damit, dass du all diese Dinge aufgibst, die dir so wichtig waren?"

[Anne]

Einen Moment schwieg Enric. Er spürte Wut in sich aufsteigen darüber, dass Ysanne sich so bedeckt hielt. Aber er hatte sie bereits mehrfach gefragt. Auf diese Weise würde er wohl nicht weiter kommen. Kurz dachte er über Ysannes Frage nach. Er kannte die Antwort darauf nicht.
"Ich fürchte, meine Empfindungen sind nun, da ich die Ausbildung nicht mehr absolviere, privater Natur. Falls es dich beruhigt, so kann ich dir mitteilen, dass ich später darüber meditieren werde. Als nächstes beabsichtige ich aber, Jolenes Bruder zu kontaktieren. Ich wollte ihn darum bitten herzukommen um nach Jolene zu sehen. Ich denke, seine Anwesenheit könnte hilfreich für sie sein. Spricht von deiner Seite aus irgendetwas gegen dieses Vorgehen?"

[goldie]

"Nein, es ist gut, wenn du Corbyn kontaktierst und ihn bittest zum Praxeum zu kommen. Das könnte Jolene in der Tat helfen."
Sie musterte Enric eine Zeitlang. "Für mich hat es den Anschein, dass du die Jediausbildung fortsetzen würdest, wenn Jolene nicht wäre. Ich möchte, dass du deine Entscheidung noch einmal überdenkst. Triff sie unabhängig von Jolene. Ich gebe dir dazu drei Wochen Bedenkzeit. Die Entscheidung, die du dann triffst, werde ich akzeptieren. Das ist alles, was ich dir heute zu sagen habe. Möge sie Macht mit dir sein, Enric."

[Anne]

"Warte, ich habe noch eine Frage...", fiel Enric plötzlich ein und sein Ton war etwas versöhnlicher als eben noch. "Falls ich zurück kommen sollte ins Praxeum... Wäre es dann in Ordnung, wenn meine Kollegin auch für eine gewisse Zeit dort lebt? Ich habe die Forschung ja wie bereits erwähnt auf sie übertragen aber ich denke, in der ersten Zeit wird es notwendig sein, zusammen zu arbeiten und das wäre sicherlich deutlich einfacher, wenn wir uns auf demselben Kontinent befinden."
Er hatte etwas Sorge, mit diesen Worten bereits zu viel preisgegeben zu haben. Andererseits... was sollte ihn das jetzt noch kümmern?

[goldie]

"Auren Horrain, nicht wahr?"

[Anne]

Enric schaute verdutzt. Die Gerüchte machten offenbar ziemlich schnell die Runde. "Woher weißt du das?"

[goldie]

"Sie wurde in den Berichten erwähnt. Auch, dass du Befehle verweigert hast im Zusammenhang mit ihr und dass dies wohl auf die frühere Beziehung mit ihr zurückzuführen sei." Ysanne sprach in einem neutralen Tonfall, ihre Stimme zeigte keinerlei Wertung.
"So wie ich Jolene kenne, wird sie sehr eifersüchtig auf diese Frau sein. Ob gerechtfertigterweise oder nicht ist dabei nebensächlich. Ich kläre ab, ob es ein Problem wäre, wenn Miss Horrain für einige Wochen im Praxeum verbleiben würde."